KIKBOX-Erfolgsgeschichte – Digitale Innovation Fördern
«Die Digitalisierung öffnet viele Türen, lässt aber auch manche im Regen stehen» – eine Menge Arbeit, Liebesbotschaften und grosse Träume.
Im heutigen Interview sprechen wir mit einem Intrapreneur, dessen Idee es bis in die GoldBox-Phase von KICKBOX geschafft hat. Marcel Roesch ist Leiter des Filmteams von Swisscom. Sein Projekt help2type – eine taktile Tastatur für Smartphones – ist aus seiner eigenen Erfahrung als Sehbehinderter entstanden. Wir unterhielten uns mit ihm über Storytelling, Loslassen und die Zukunft von help2type.
rready: Marcel, kannst du die Idee hinter help2type in ein paar Sätzen für uns zusammenfassen?
Marcel: Schliess deine Augen und versuch eine Nachricht auf deinem Smartphone zu tippen. Es dauert ewig, richtig? Natürlich könntest du die Diktierfunktion benutzen, aber wer will schon Geschäftsmails oder Liebesbotschaften laut vor anderen diktieren? Wir sind uns sicher einig, dass dies nicht der beste Weg ist. Ich habe diese Probleme selber erlebt, deshalb habe ich help2type als Lösung entwickelt: Es handelt sich dabei um eine taktile Tastatur, die sich über Bluetooth mit dem Smartphone verbindet. Mit help2type können Menschen mit Sehbehinderung oder geringem Sehvermögen in der Öffentlichkeit auf ihren Handys tippen, ohne dass sie ungewollt ihre Inhalte mit anderen teilen.
rready: Was hat dich dazu bewogen, dich für das KICKBOX-Programm zu bewerben?
Marcel: Der rasante Fortschritt in der Digitalisierung bedeutet, dass die Menschen immer mehr Zeit mit ihrem Smartphone verbringen. Ich machte mir Sorgen, dass ich den Anschluss an die Welt verliere, wenn ich nicht in der Lage bin, mit dem schnellen Tempo der digitalen Welt Schritt zu halten. Ich bin überzeugt, dass alle an der Digitalisierung teilhaben können sollten. Und ich wollte mir und anderen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, dabei helfen, dies zu tun. Die Digitalisierung öffnet viele Türen, lässt aber auch manche im Regen stehen. help2tpye ist kein Produkt für die breite Masse, aber dafür ist es umso bedeutender für die spezifischen Zielgruppen. Als sich mir bei Swisscom die Gelegenheit dazu bot, nutzte ich sie, um meine Idee in die Tat umzusetzen.
Marcel Roesch (Kickboxer und Gründer von help2type)
rready: Dein Projekt befindet sich jetzt in der GoldBox-Phase. Wie hast du den KICKBOX-Prozess bis jetzt erlebt?
Marcel: KICKBOX bietet eine ausgezeichnete Orientierungshilfe, wenn es darum geht, ein Konzept von einer Idee im eigenen Kopf zu einem konkreten Produkt zu entwickeln, das die Leute kaufen werden. KICKBOX gibt dir die nötigen Werkzeuge an die Hand – nutzen musst du sie aber selbst und das ist eine Menge Arbeit. Das beste Werkzeug der Welt hilft nicht, wenn die Motivation fehlt. Die Challenge-Runden waren besonders spannend. Aber wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat, schafft man sie. Die grösste Herausforderung im KICKBOX-Prozess war der Übergang von der RedBox- zur BlueBox-Phase, in der man einen Sponsor finden muss. Auch hier gilt: Es gelingt nur, wenn man die nötige Arbeit getan hat. Zum Glück war dies der Fall und ich habe auf dem Weg viele hilfsbereite und inspirierende Menschen getroffen. Ich habe meinen Sponsor gefunden, noch bevor ich die RedBox-Phase abgeschlossen hatte. Danach fühlte sich der Schritt von der BlueBox zur GoldBox nicht mehr riesig an. Und nun sind wir zur die Massenproduktion übergegangen und help2type ist für die Öffentlichkeit verfügbar!
rready: Welches war denn die grösste Herausforderung, die du zu bewältigen hattest?
Marcel: Marcel: Im Mai 2020 trafen wir uns mit dem Chefingenieur, der für den Prototyp verantwortlich ist. Er kam mit einigen Rückmeldungen auf uns zu. Was ich nicht erwartet hatte, war, dass wir unser Konzept in diesem einen Treffen komplett umkrempeln würden. Der Prototyp sah toll aus, aber der Chefingenieur wies darauf hin, dass die ursprünglich geplante Eingabemethode nicht stabil funktionieren würde. Dies würde die Qualität des Produkts beeinträchtigen. Interessanterweise brauchte er, nachdem er mir das Problem erklärt hatte, keine Überzeugungsarbeit mehr zu leisten. Es machte einfach klick. Innerhalb von zehn Sekunden wusste ich, was wir zu tun hatten, und beschloss, die Änderung vorzunehmen. Es war schmerzhaft, sich von etwas zu trennen, das zuvor für das Produkt entscheidend gewesen war, aber es war ein notwendiger Schritt.
rready: Was sind im Prozess bis jetzt die drei wichtigsten Learnings für dich?
Marcel: Das erste Learning ist sicherlich, Dinge einfach auszuprobieren, ohne viel darüber nachzudenken. Wenn es klappt, wunderbar – und wenn nicht, lernt man daraus. Natürlich kann man das nicht auf alles anwenden. Manche Dinge müssen definitiv perfekt sein, aber es gibt viele Bereiche, in denen das Trial-and-Error-Prinzip gut funktioniert. Das zweite Learning geht in eine ähnliche Richtung: nämlich mutig zu sein und Risiken einzugehen.
Als Drittes habe ich gelernt, wie wichtig es ist, mit so vielen Menschen wie möglich über die eigenen Ideen und Schwierigkeiten zu sprechen. Und zwar sollte man wirklich miteinander reden und nicht nur E-Mails austauschen. Das ist der wirkungsvollste Weg, um Feedback zu erhalten. Manchmal ist es nicht der Experte oder die Expertin, der oder die einem hilft, sondern jemand, von dem man es vielleicht nicht erwartet hätte.
rready: Was sind deine Pläne und Hoffnungen für die Zukunft von help2type?
Marcel:
Wir haben vor einiger Zeit (2020) mit dem Verkauf an die breite Öffentlichkeit begonnen und sind dabei, die Bestellungen abzuwickeln (etwa 70 in der ersten Woche) sowie Kundenfeedback zu sammeln. Wir konzentrieren uns auf unsere Hauptzielgruppe, Menschen mit Sehbehinderung und geringem Sehvermögen in Deutschland und Österreich, planen aber im nächsten Jahr in den Rest von Europa und in die USA expandieren. Gegen Ende 2020 wollen wir dann auch die sekundäre Zielgruppe, die Senioren und Seniorinnen, erreichen. Natürlich werden wir fortlaufend Feedback einholen, das in die Version 2.0 und in eine Premiumversion einfliessen wird.
Langfristig würde ich help2type gerne um ein Dienstleistungselement für Unternehmen erweitern. Vielleicht kann ich eines Tages Dienstleistungen für Unternehmen wie Apple anbieten. Aber eines nach dem anderen.
rready: Du scheinst auf jeden Fall auf dem richtigen Weg zu sein. Wir freuen uns darauf, zu sehen, was die Zukunft für help2type bereithält!
Hier kannst du deine eigene Tastatur bestellen oder mehr über help2type erfahren.
Hinweis: Dies ist ein älterer Blogpost aus dem Jahr 2020.